Vertrauen ist Erfolgsfaktor der Zukunft
Der Mensch ist ein soziales Wesen und steht, ob er es will oder nicht, in kontinuierlichem Austausch mit seiner Umwelt. Zu einem großen Teil drehen sich die dabei stattfindenden Austauschprozesse um das generieren, sammeln, senden, verstehen, speichern, weiterleiten, verarbeiten, etc. von Informationen, von Nachrichten, Witzen, Wetterberichten, Gerüchen, Preislisten, Fotos, Anrufen, Mails, Gesprächen, usw.. Egal ob Ziel oder Nebeneffekt, Ergebnis dieser Informations-, Interaktions- und Transaktionsprozesse ist immer die Definition der aktuellen individuellen Positionierung in der persönlichen Erlebniswelt. Und die Verbesserung dieser Positionierung ist menschliches Grundbedürfnis. Die Transaktionsbasis, die Informationen, der jeweilige Content, ist die Währung dieser sozialen Positionierung durch Interaktion. Mail und SMS sind (neben dem Telefonat und Online-Publishing) die Killerapplikationen des E- bzw. M-Business, da sie sofortige Verbindung zu Aussenwelt und Einfluss auf die aktuelle Situation ermöglichen. Immer-Online-Sein wird Idealzustand und über kurz (UMTS, DSL) oder lang (Nanotech, Biotech) möglich....
Doch die Gefahren (privacy, power, security, etc.) einer solchen Evernet-Zukunft werden gerade erst vorsichtig ausgelotet (Billy Joy, David Gelernter, etc.) und die vordergründigen Möglichkeiten (Robert ruft:"Video, Musik, Echtzeit: Jetzt noch schneller!!!") werden in den Medien bereits plattgeredet, bevor die Voraussetzungen für die Erfüllung dieser Zukunftsvisionen überhaupt allgemein erkannt und definierbar sind. Eine dieser erst in Anfängen erkennbaren aber dennoch zentralen Notwendigkeiten für die lebbare und gleichzeitig wirtschaftlich interessante Alway-On-Zukunft, ist umfassende Transparenz zwischen Access/Service/Application-Provider und Individuum im Rahmen fester, fast unerschütterlicher, partnerschaftlicher Vertrauensbeziehungen. Mit bedeutenden Vorteilen auf Consumer/User-und auf Anbieter-/Unternehmensseite:
(1) Consumer/User-Seite
Das menschliche Bewusstsein hat die Aufgabe, Informationen über Innen- und Aussen-Geschehnisse so darzustellen, dass sie vom Körper verarbeitet werden können. Es vermittelt zwischen Empfindungen, Wahrnehmungen, Gefühlen und Gedanken und stellt unter ihnen Prioritäten her. Dabei stellen alle „Dinge“ die wir sehen, fühlen, denken und wünschen potentielle Kandidaten zur Aufnahme in das Bewusstsein dar.
Die Aufnahmebereitschaft des Bewusstsein ist jedoch begrenzt, denn das menschliche Gehirn ist lediglich in der Lage mit 7 differenzierten Informationseinheiten insgesamt 126 Einzelinformationen pro Sekunde zu verarbeiten. Deshalb wird das Bewusstsein durch hierarchisch gegliederte individuelle Ziele und Absichten des Menschen geordnet. Sie sind entscheidend dafür, welche Objekte wahrgenommen und im Bewusstsein geformt und bewertet werden. Sie lenken Aufmerksamkeit auf einige Objekte und entziehen sie anderen. Sie konzentrieren unsere Gedanken auf bestimmte Reize zu ungunsten anderer.
Die Vielzahl der Reize, unter denen das Bewusstsein eine Auswahl zu treffen hat, ist jedoch derart hoch, dass eine angemessene rational begründete Bewertung immer seltener stattfinden kann. Mehr und mehr muss im Zeitalter des „information and decision overloads“ auf vereinfachende Mechanismen, Routinen, Reaktionen zurückgegriffen werden. Eine immer öfter verwendete Technik zur Komplexitätsreduktion ist die bewusste Wahl von Komplizen, Partnern, Communities (Einzelpersonen, ganze Gemeinschaften, sogar Unternehmen) mit deren Positionen, Einstellungen, Codes, Verhalternsweisen das eigene Selbst-Bewusstsein, die Ziele und Absichten und Entscheidungen abgeglichen und in der Folge abgestimmt werden.
Die Intensität, Dauerhaftigkeit und Bedeutung des Zugehörigkeitsgefühl zu diesen Lebensbewältigungshelfern ist dynamisch und fragil. Die (1) starke emotionale Bindung (Love) und der (2) grosse inhaltliche Vertrauensvorschuss (Respekt) bedarf kontinuierlicher Bestätigung ihrer Sinnhaftigkeit (vgl. hierzu auch www.lovemarks.com): Auf der Emotionsseite durch die Schaffung von z.B. Intimität, Gemeinsamkeit, Sensualität, Ehrlichkeit, Offenheit, etc. (Kommunikation, Sprache, Werte, CI); auf der Respektebene durch Reliability, (Peak) Performance, Professionalität, Innovation, usw...
(2) Anbieter-/Unternehmensseite
Zum Beispiel die Telcos: Mit dem Access ist über kurz oder lang nicht mehr allzu viel zu holen und Content ist auch nur wirklich etwas wert, wenn er echt exklusiv und nutzwertig ist. Killer-Applikationen und Services? Keine zu sehen. Und wenn doch, dann tragen sie nur kurz. Differenzierung ist weniger und weniger über Preis, Qualität und/oder Zusatzdimensionen (erst recht nicht über Applikationsinnovationen) zu erreichen. Porter go home.
Alles convergiert, experimentiert, fusioniert, integriert, Proprieritäten werden Commodities, Produkte, Marken, Unternehmen austauschbar: Es sind nicht mehr viele da und die verbleibenden können das, was die anderen können gleich gut, gleich schnell, gleich breit, zu gleichen Preisen. Oder sie verschwinden.
Die Lösung, 1. Teil: Differenzierung über Marke, Persönlichkeit, Image, Individualität, Community, CRM, 1to1, etc. Klar. Doch reicht das auf Märkten aus, auf denen Enttäuschung zur sofortigen Abwendung führt? Nein.
Die Lösung, 2. Teil: Begründung der Brand-Community durch Schaffung, die externe Botschaft lebender, lernender, offener, vernetzter Commitment-Organisationen. Klar. Doch reicht das aus? Nein.
Denn ohne ein grundsätzliches neues Verständnis des Zweckes einer Unternehmung können ihr fast alle (na ja, die, die am nächsten sind, bleiben) einpacken. Und dieses Verständnis heisst: Das Brand-Community-Mitglied ist der relevante stakeholder. Kein Banker, kein VC, kein shareholder, nicht die Presse oder sonst wer. Alleine der Kunde bestimmt über Wohl und Wehe des Unternehmens. Und die Gesamtheit aller Kunden ist Besitzer der Marke, des Unternehmens, des Konzerns. Erst dann gibt es Aufmerksamkeit im Austausch für Performance, Treue gegen Wahrhaftigkeit, Umsatz gegen Intimität: Transaktionsverhältnisse, die den share of customer und somit das Überleben von Unternehmen in der Zukunft bestimmen werden....
Fazit?
Business as usual reicht bald nicht mehr aus. Viele neue Regeln entstehen und werden in wenigen Jahren nicht zu umgehen sein. Besser dran sind dann die, die heute begonnen haben wach zu sein, nachzudenken, zu diskutieren, schmerzliche Ahnungen ernst zu nehmen, auch mal im Diffusen zu fischen, vielleicht mal zuzuhören. Und sei es nur sich selbst...
Ich erinnere mich z.B. heute an eine alte goldene Regel des Internet: Make my life easier. Dieser dringenden Userwunsch gerät viel zu oft und insbesondere vor dem Hintergrund von UMTS-Breitband-M-Commerce-Träumen unter die Räder: Bei der Produktdefiniton wie auch beim Pricing. So sind z.B. zum einen viele Service-Visionen (vgl. UMTS-Utopien) weit weg vom Convenience-Gedanken (Wer will minütlich location based informations?) zum anderen ist der Tarifdschungel im Accesgeschäft und undurchsichtige Abrechungsgrundlagen (Wer kann und will die Kosten bei Datenmengen-basiertem Billing nachverfolgen?) nicht dazu angetan die mobile Zukunft angenehm erscheinen zu lassen....
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